Fairplay 123 – à la carte

Dass KRASS KARIERT Gewinner des à la carte Preises 2018 werden würde, daß hatten Sie sich vielleicht auch schon gedacht. Wobei auch einige dieser Spiele auch gute Chancen hatten.

Könnte dieses Jahr ein Kartenspieljahr werden? Es gibt sehr interessante Neuheiten. Eine ist sogar so außergewöhnlich, anders als alles bisher Dagewesene, dass jeder Kartenspieler hier eine ungewöhnliche Herausforderung findet. Und ja, die Reihe der bemerkenswerten Stichspiele wird nach WILD SHOTS in 121 und VOODOO PRINCE in 122 mit DRUIDS fortgeführt. Aber fangen wir mit dem Kartenspiel aller Kartenspiele an.

The Mind

Wolfgang Warsch: THE MIND für 2 – 4 Personen mit Illustration von Oliver Freudenreich bei Nürnberger-Spielkarten-Verlag 2018, Spieldauer 20 Minuten

Beim Nürnberger-Spielkarten-Verlag ist Reinhard Staupe Redakteur. Seit geraumer Zeit veröffentlicht er im Vorfeld von Messen kurze Werkstattberichte, in denen er auf die Neuheiten und deren Entwicklungsgeschichte eingeht. Das ist immer auch eine mit Vorsicht zu genießende Eigenwerbung. Was diesmal zu THE MIND von Wolfgang Warsch zu lesen war, toppte allerdings alles bisher Dagewesene. Staupe war so begeistert von einem auf ein Minimum reduziertes Spiel, dass er sogleich nach Durchlesen der Spielregel dem Autor einen Vertrag offerieren wollte. Der Verstand setzte einen Riegel davor, aber als das Spiel auf dem Tisch lag, folgte binnen einer Stunde das Telefonat mit der Zusage. Das ist sehr erstaunlich für einen jungen Autor, der gerade einmal zwei Spiele veröffentlicht hat und jetzt in Nürnberg mit vier weiteren Neuheiten reüssierte. Dann habe ich die Spielregel gelesen und konnte alles nachvollziehen. Dann habe ich das Spiel gespielt und bin sehr davon angetan, wenn es denn auch nicht zu verkennende Einschränkungen gibt.

Das Spiel besteht aus einhundert Karten, ordentlich von „1“ bis „100“ durchnummeriert. Vom gut gemischten Kartenpack erhält zu Beginn (Level 1) jeder der zwei bis vier Spieler lediglich eine Karte verdeckt auf die Hand. Diese Karten müssen, und das ist die kooperative Aufgabe, auf einen Stapel in aufsteigender Folge in der Tischmitte abgelegt werden. Einzige dabei zu beachtende Regel ist, dass nicht gesprochen werden darf. Eigene Kartenwerte dürfen natürlich auch nicht den Mitspielern gezeigt werden. Das ist im Prinzip alles! Ich gehe davon aus, dass jetzt ein kundiger Leser erspürt, worauf es ankommt. Das Spiel meistert eine Gruppe nur dann, wenn die Spieler gemeinsam ein Zeitgefühl entwickeln, wann welcher Kartenwert (in etwa) gelegt werden sollte. Hat nun jeder seine Handkarte gelegt und die Vorgabe (aufsteigend!) wurde erfüllt, geht es sofort weiter zum nächsten Level. Schon bekommen die Spieler zwei Karten auf der Hand, und die Aufgabe verkompliziert sich. Die Herausforderung ist fortschreitend, so dass im Viererspiel acht Level, zu dritt zehn Runden und im Partnerspiel gar zwölf Spielebenen erklommen werden müssen.

Kleinere Stellschrauben helfen. Man hat als Rettungsanker vor Rückschlägen ein paar Leben-Karten, die bei einem Fehler abgegeben werden müssen und die die Gruppe beim Meistern bestimmter Level wieder zurückbekommt. Die wenigen Wurfsterne sind ebenfalls hilfreich. Sie erlauben, wenn alle zustimmen, das jeweilige Abwerfen der niedrigsten Handkarten. Das kann brenzlige Situationen retten. Aber der Kern, das Erspüren wann welcher Wert gespielt werden sollte, bleibt erhalten und ist die so fundamental neue Spielidee mit dem so sensationellen Spielerleben. Denn wenn es gelingt, ist das Glücksgefühl unermesslich, vor allem, wenn eine Reihe dicht aufeinander folgender Kartenwerte in richtiger Weise abgelegt wird. Genauso spannend ist aber auch das Überbrücken einer großen Lücke von vielleicht 22 oder 25 oder noch mehr. Wann ist es so weit, die nächste niedrigste Karte zu spielen? Und wer hat sie auf der Hand? Eine Herausforderung, die die Nerven strapaziert.
Und jetzt kommen wir zu den Einschränkungen. Das Spiel ist fordernd. Es verlangt höchste Konzentration, um das Feeling für den richtigen Augenblick, das sich zweifelsohne einstellen kann, nicht zu stören. So ist der Ablauf bisweilen durchaus anstrengend. Das fördert zwar das empfundene Glückserleben, wenn es gelingt (emotionales Abklatschen und High-Five-Jubelgesänge sind unausweichlich). Beim Misslingen ist aber die Enttäuschung auch deutlich spürbar, vor allem, wenn man hohe Gewinnstufen erreicht hat und jetzt registrieren muss, dann doch nicht das höchste Ziel erklommen zu haben. Oft fehlt dann die Energie, es sofort noch einmal zu versuchen. Übrigens gibt es nach Erreichen des höchsten Levels noch ein Nachspiel mit erschwerter blinder Ablage, wenn die Gruppe noch Leben besitzt. Das steigert das Geschehen und lässt die für kooperative Spiele so wichtige Spielende-Bedingung differenziert bewerten. Mein bestes Ergebnis war in einer Dreiergruppe, nach einem ersten frühen, kläglichen Scheitern, das Erreichen der Stufe 3 bei der Blindverkostung. Meine Schwester, mein Neffe und ich haben zueinander gefunden. Wir ticken sehr ähnlich (zumindest bei diesem Spiel).

Und damit muss die zweite Einschränkung deutlich gesagt werden. THE MIND kann man sicherlich mit jedem spielen, aber keinesfalls mit jedem Spielpartner auch meistern. So werden meine Frau und ich gemeinsam hierbei nie höchste Stufen erklimmen, aber das war eigentlich schon vorher klar, denn ich konnte ihr nie das Skifahren beibringen und sie mir keine brauchbaren Einführungen in das Thermomix-Handling verpassen. Der jeweils andere wehrte sich gegen Anweisungen. Solche Vorbehalte sind Gift für THE MIND. Wer ein gutes Miteinander entwickelt und erspürt, erreicht eine metaphysische Harmonie, wie es die Siegkarte eines des höchsten Levels beim Meistern dieses Levels den Spielern ins Stammbuch schreibt. Und trotzdem, es sei laut ausgesprochen, mit Esoterik hat das gesamte Geschehen nichts zu tun.

KRASS KARIERT

Katja Stremmel: KRASS KARIERT für 3 – 5 Personen mit Illustration von bei AMIGO 2018, Spieldauer 30 Minuten

Viel, viel herkömmlicher, aber spielerisch ebenfalls ausgesprochen überzeugend, kommt KRASS KARIERT von Amigo daher. Die Autorin Katja Stremmel startet mit ihrem Erstlingswerk. Geschicktes Kartenmanagement wird abverlangt. Dabei greift die Autorin auf bekannte Grundideen zurück, diese werden aber äußerst gelungen komponiert, so dass das neue Produkt ein klasse Kartenspiel geworden ist. Und was sind denn Spiele sonst, wenn nicht eine Mischung von Bewährtem? Ausnahmen mit ganz neuen Zutaten wie bei dem gerade beschriebenen THE MIND kommen doch nur alle paar Jahre einmal vor.

Die Zahlenwerte „1“ bis „12“ stecken jeweils viermal im Stapel. Jeder bekommt zehn Karten auf die Hand. Die dürfen nicht sortiert, sondern müssen wie bei BOHNANZA so in die Hand gesteckt werden, wie man sie aufnimmt. Mit dieser Grundlage muss nun umgegangen werden. In jeder Runde, in der jeder Spieler Karten vor sich ausspielt, muss man versuchen, den gelegten Vorgängerwert zu toppen, was ganz nach POKER-Manier, dem zweiten Vorbild, geschieht. Einzelne Karten werden durch höhere einzelne Karten übertroffen oder durch mehr Karten. Mehrere Karten steigern sich als kleine Straße, bestehend aus zwei aufeinander folgenden Kartenwerten, aus einem Pärchen, aus einer Dreier-Straße und schlussendlich aus einem Drilling als höchster Kartenkombo. Clou beim Ausspielen ist es nun, dass die gelegten Karten auf der eigenen Kartenhand nebeneinander stecken müssen. Das ist aber nicht häufig der Fall und deshalb bedarf es eines Kartenmanagements. Zunächst einmal hat jeder zwei Ersatzkarten vor sich liegen, die er, anstatt auszulegen, auf die Hand nehmen und an beliebiger Stelle einstecken darf. Dadurch lässt sich das eigene Kartenbild verbessern. Durch Ausspielen von Karten rücken andere in der Hand zusammen. Auch hier sollte schnell optimiert werden, um immer schön im Geschehen zu bleiben. Man scheidet nämlich aus, bzw. muss einen seiner Leben-Chips abgeben, wenn man nicht mehr die Vorgabe bedienen, d.h. toppen kann.

Drei Sonderkarten, jeweils zweimal vorhanden, bringen erstaunliche Vorteile. Natürlich ist der Joker, der jeden Wert annehmen kann, selbstredend ein entscheidender Pluspunkt. Auch die Stop-Karte hat großen Reiz. Unterbricht sie doch eine Runde, und der Spieler darf zum nächsten Gefecht zuerst vorspielen und kann so uneingeschränkt in seine Handoptimierung eingreifen. Und dann ist da noch die Nimm-3-Karte, die dem Gewinner der aktuellen Runde drei weitere Karten vom Nachziehstapel verpasst. Das klingt nach Handicap, kehrt sich aber ins Positive, wenn die neu gezogenen und frei einzusteckenden Karten die Hand aufwerten. Da ist viel Pfeffer im Spiel und jede Runde fordert aufs Neue richtige Entscheidungen beim Überbieten, Aufnehmen oder Einsetzen von Sonderkarten. Es sei versprochen, auf Dauer siegt der taktisch Klügere und nicht der beim Karten-Auffächern Glücklichere.

Anders als THE MIND spielt sich KRASS KARIERT sehr locker ohne trivial zu sein, so dass dieses Spiel nach Nürnberg zum meistgespielten Kartenlegen bei uns geworden ist. Mich stören die bunt- und kleinkarierten Kartenbilder nicht. Vielmehr empfinde ich es als ehrlich, dass hier kein Thema krampfhaft gesucht und aufgesetzt wurde. Die Amigos hatten vor drei Jahren schon einmal so ein Kleinod mit 3 SIND EINE ZUVIEL im Programm. Leider verschwand dieses Spiel zu schnell in der Versenkung. Ich hoffe, dass dieses Schicksal KRASS KARIERT nicht ereilen wird.

DRUIDS

Günter Burkhardt und Wolfgang A. Lehmann: DRUIDS für 3 – 5 Personen mit Illustration von Franz Vohwinkel bei AMIGO 2017, Spieldauer 45 Minuten

Und jetzt sind wir beim Stichspiel der heutigen À la Carte-Rubrik angelangt: DRUIDS von Günter Burkhardt und Wolfgang Lehmann bei Amigo. DRUIDS will die Reihe der WIZARD und WITCHES erweitern und kommt in vergleichbarer Machart daher. Bunte (vielleicht zu bunte) Druidenbilder werden zu Farbfamilien aufgestellt und müssen in einem Stichspiel ihren Part übernehmen, und der ist schon recht ungewöhnlich für dieses Genre.

Fünf Farben à zwölf Karten werden gemischt und an die Mitspieler verteilt. Zu dritt muss mit der übervollen Hand von 15 Karten gespielt werden. Wichtig ist, dass es diesmal keine Trumpffarben gibt. Das ist ein ungewohnter Zugriff, der gelernt werden will, zumal es nicht, wie sonst bei manchen Stichspielen üblich, darauf ankommt, nichts zu bekommen (vgl. das Null-Spiel beim SKAT). Ein genauer Blick auf die Punktwertung, die auf zwei Säulen beruht, klärt hier auf. Jeder gewonnene Stich wird nach Farben sortiert offen vor dem Spieler abgelegt. Die Farben werden zu Stapeln geschichtet, wobei der aktuell niedrigste Wert stets oben aufliegt. Es wird gar nicht so leicht sein, hohe Werte hier zu deponieren, denn die Mitspieler versuchen natürlich niedrige Werte zuzugeben. Alle oben offen liegenden Karten zählen bei Rundenende, wenn alle Karten gespielt wurden, als Pluspunkte. Aber, und das ist ein entscheidender Kniff, das Rundenende wird vorzeitig bestimmt, wenn ein Spieler Karten in allen fünf Farben vor sich ausliegen hat. Dann verliert dieser und bekommt drei Minuszähler notiert. Es ist enorm schwierig, dies zu verhindern, da ja alles offen liegt und Mitspieler liebend gern dieses vorzeitige Ende bei einem anderen, möglichst beim insgesamt Punktführenden herbeiführen wollen. Das gelingt natürlich umso besser, wenn man mit Fehlfarben besetzt ist, was zum Ende des Spiels ja schon allein wegen der Kartenknappheit auf der Hand zwangsläufig der Fall ist. Das ist dann eine gefährliche Phase für Spieler mit vier offenen Farben. Man sollte dann tunlichst nicht vorspielen müssen. In diese Position muss man sich aber erst einmal manövrieren. Das ist nicht so einfach.

Ist sonst bei Stichspielen das Blankspielen einer Farbe eine gelungene Möglichkeit um einzutrumpfen, wird das hier zum Festspiel des Hineinbutterns ungeliebter Farbkarten. Das ist, wie schon erwähnt, nicht ganz einfach zu steuern. Wenn die Gelegenheit da ist, werden die Mitspieler sie gnadenlos nutzen. So ist DRUIDS kein einfaches Spiel. Es verlangt Frustrationstoleranz, da das Ärgerpotential nicht gering ist. Erwähnt werden müssen noch zwei Sonderkarten, die thematisch angepassten Sicheln und Mistelzweige. Beide sind stark, da sie immer gelegt werden dürfen und vor der Übernahme eines Stiches schützen. Tut das die Mistel in Reinkultur, hat die Sichel noch die Funktion, dass der Gewinner von seinen Gewinnstapeln den mit dem höchsten Wert wegsicheln muss. Das mag sich ärgerlich anhören, wenn aber dafür wieder etwas Luft beim Farbenspiel entsteht, ist das sogar ein Rettungsanker in höchster Not. Ich habe am Spieltisch schon wehklagende Laute gehört, wenn man die erhoffte Sichel dann doch nicht bekommen hat, um seine Auslage zu optimieren. Sichel und Mistelzweig sollten nicht leichtfertig vergeudet werden.

DRUIDS ist ein anderes Stichspiel. Doch, Freunde des Stichspiels sollten es ausprobieren und für sich entdecken (oder auch nicht). Die Grafiken, ich habe es oben schon zwischen den Zeilen erwähnt, gefallen mir nur bedingt. Einerseits sind die Bilder sehr bunt und es kann trotz klarer Zahlenfarben trotzdem etwas an Eindeutigkeit fehlen. Die Druidenbilder sind auch nicht durch die Bank souverän gestaltet. Das kann man vielleicht auch nicht bei 50 verschiedenen Charakteren erwarten. Oder doch?

HANAMIKOJI

Kota Nakayama (中山 宏太): HANAMIKOJI für 2 Personen mit Illustration von Maisherly und Mashiro Misaki bei KOSMOS 2017, Spieldauer 15 Minuten

Hanamikoji ist ein Vergnügungsviertel in Japans alter Hauptstadt Kyoto. Geishas offerieren ihre Dienste, werden angeworben. Jetzt denke hier bitte keiner an halbseidenes Gewerbe. Geishas repräsentieren auf höchstem Niveau Künste wie Tanz, Gesang, Flötenspiel, Konversation oder Teezeremonie. Gerade deswegen sind ihre Dienste so begehrlich. HANAMIKOJI ist ein Zweipersonen-Kartenlegen von Kota Nakayama beim Taiwanesischen Anbieter EmperorS4 erschienen, das ohne große Veränderung bei Kosmos seit den letzten Spieltagen im Programm ist. Interessant ist hier lediglich, dass Kosmos das Spiel nicht in seine bewährte und erfolgreiche quadratische Zweier-Reihe gesteckt hat, obwohl es da eigentlich hineingehört. Vielmehr wird das Spiel im MACHI KORO-Format angeboten. Fernost-Themen bestimmen die Gunst und damit wohl auch das Schachtelformat der Stunde. Gut für den Verbraucher, denn diese Aufmachung ist preisgünstiger.

Zunächst startet das Kartengerangel herkömmlich. Sieben Geishas liegen in der Tischmitte. Sie haben die Werte 2, 2, 2, 3, 3, 4, und 5. Wer Karten im Wert von elf Gunstpunkten oder vier Geishas erobert, ohne dass der andere ebenfalls eines dieser Ziele erreicht hat, gewinnt. Im Zweifelsfall ist der mit mehr Gunstpunkten der Bessere. Herkömmlich ist auch, dass jeder Geschenkkarten, alle mit dem Wert „1“, an seiner Seite zu den in der Tischmitte liegenden Geishakarten legt. Ziel ist es natürlich, hierbei besser abzuschneiden. Wichtig zu wissen, dass für jede Zweier-Geisha nur zwei Geschenkkarten zur Verfügung stehen. Dementsprechend sind es bei den Dreier- Vierer- und Fünfer-Geishas drei, vier bzw. fünf Karten, die angelegt werden können. Mithin ist deutlich, dass die wertvolle „5“ schwerer zu erobern sein dürfte.

Herzstück ist nun, wie das Kartennehmen und -legen geschieht. Von den 21 Spielkarten insgesamt kommt am Anfang schon einmal eine zur Seite. Das schafft etwas Unwägbarkeit. Plötzlich könnte eine Zweier-Geisha mit nur einer Karte erobert werden. Das ist ein leichtes Unterfangen, man weiß aber nicht, ob die Voraussetzung so gegeben ist. Zu Beginn bekommt jeder sechs Handkarten. Es werden nur vier Runden gespielt. In jeder erhält jeder eine Handkarte dazu, so dass schließlich alle zwanzig Karten aufgebraucht sind. Das alles ist noch sehr stringent. Aber das, was mit den Karten gemacht wird, ist spannend, in dieser Kombination neuartig und unbeschreiblich reizvoll, weil ungeheure Zwänge entstehen.

Jeder hat vier Aktionsmarker, die jeweils eine Runde nach Wahl des Spielers bestimmen. Eine Aktion ist ziemlich einfach. Man legt eine Handkarte verdeckt ab und bringt sie erst bei der Auswertung ins Spiel. Da können sich dann knappe Ergebnisse verschieben. Ein anderer Aktionsmarker ist ebenfalls leicht verständlich. Hier dürfen zwei Handkarten verdeckt beiseite und damit ganz aus der aktuellen Runde genommen werden. Der Effekt ist ähnlich wie bei der zu Beginn zur Seite gelegten Karte, nur dass man selber davon Kenntnis hat. Es ist aber keinesfalls einfach zu bestimmen, welche Karten herausfallen sollen. Leicht fällt diese Entscheidung keineswegs. Das gilt erst recht für die zwei weiteren Aktionen: Zum einen werden drei Handkarten dem Gegner offeriert, von denen er eine für sich wählt, die anderen bleiben für den aktiven Spieler übrig und müssen jeweils an der eigenen Seite der Geisha-Auslage angelegt werden. Die letzte Aktion ist ähnlich. Da kommen vier Handkarten auf den Tisch, getrennt zu zwei Pärchen, und der Gegner hat wieder den Erstzugriff. Die Auswahl der angebotenen Karten ist nie leicht, vor allem, weil der Gegner stets den Erstzugriff hat und sich die Rosinen herauspickt. Gut ist nur, dass der Gegenspieler den gleichen Zwängen unterliegt. Dann merkt man, dass auch der Auswählende so seine Schwierigkeiten hat. Alles spielt sich äußerst dicht.

Geschicktes Spiel verführt den Gegner. Bewährt hat sich, ihn in die teure 5er-Geisha investieren zu lassen, da er (hoffentlich) viel Power in das Werben dieser Dame steckt, die dann bei den anderen Geishas fehlt. Hat das einmal geklappt, funktioniert es aber nie wieder und man muss umdenken. Ich finde diese Anforderung ungeheuer reizvoll und sie verlangt stets neue Überlegungen und Verführungstaktiken.

Am Ende folgt die Auswertung. Jede einzelne Geisha wird gewertet und ein Gunstmarker zum Gewinner dieser Runde gezogen. Selten hat nach einer Runde ein Spieler schon gewonnen. Dann folgt ein zweiter Durchgang mit etwas anderen Vorzeichen. Hat man einmal einen Gunstmarker auf seiner Seite, verteidigt man diesen mit einem Unentschieden. Das verschiebt die Taktiken gerade auch wegen der geringen Anzahl an Karten, die für das Erobern benötigt werden. Die Folgerunde spielt sich mit anderem Drive. Das ist gelungen, weil sich die Runden zwar ähnlich, aber doch anders spielen. Letztendlich sind es jedoch die Aktionsmarker, die hier den Motor des Spielgeschehens bestimmen und in dieser Kombination den gelungenen Spielzwang generieren, der richtig, richtig fordernd ist. Noch dazu ist alles in ein unbesetztes, exotisch in Szene gesetztes Thema gekleidet. Für mich ist HANAMIKOJI eines der besten Zweier-Kartenspiele seit langem.

FAST FORWARD: FESTUNG

Friedemann Friese: FAST FORWARD: FESTUNG für 2 – 4 Personen mit Illustration von Harald Lieske bei 2F-Spiele 2017, Spieldauer 15 Minuten

FESTUNG gehört zu Friedmann Frieses „Fast Forward“-Konzept. Mit einem dicken Packen aus 90 Karten beginnt das Spiel. Jeder zieht eine Karte und nimmt diese zunächst auf die Hand. Früh tauchen „Außer-der-Reihe“-Karten auf. Diese werden aufgedeckt und vorgelesen. Sie erklären das Spielgeschehen sehr knapp und bisweilen nicht immer ganz eindeutig. Man muss schon etwas interpretieren. Das macht aber im Prinzip nichts.

Eigentlich gibt es nur zwei Kartenarten. Zum einen müssen Karten immer sofort auf den Tisch gelegt werden. Dazu gehören die Burgen, die erobert werden wollen und über den Sieg einer Partie entscheiden. Und die drei Sanduhren, die jeweils ein Partie-Ende festlegen. Spannender sind die Handkarten. Sie symbolisieren verschiedene Wesen in verschiedenen Stärken. Diese Karten sind gut durch einen aufdringlichen Farbcode zu unterscheiden, was dem Geschehen aber zuträglich ist. Mit diesen Karten werden die Burgen, immer zu farbgleichen Rotten zusammengefügt, angegriffen. Neben den Angriffskarten gibt es noch einige wenige taktische Handkarten, die wohl dosiert eingesetzt für überraschende Vorteile sorgen können.

Der Spielrhythmus ist ganz einfach. Entweder zieht man eine Karte und behält sie auf der Hand oder man startet einen oder mehrere Angriffe auf ausliegende Burgen. Eine Burg in der Tischmitte hat noch keinen Verteidigungswert und lässt sich auch schon mit der kleinesten Streitmacht erobern. Dann lädt sie aber selber dazu ein, angegriffen zu werden. Bei Burgen, die bei Mitspielern liegen, muss der verdeckt liegende Verteidigungswert mit den eigenen Angriffskarten übertrumpft werden. Da stochert man bisweilen, vor allem zu Beginn des Spiels, im Dunklen. Erfolgreiche Kämpfe versprechen nicht nur den Burggewinn, sondern bedeuten auch den Verlust eines Verteidigers beim unterlegenen Kampfpartner. Der Angriff und die Übernahme mehrerer Burgen ist möglich und häufig auch angesagt, denn es gewinnt der Spieler eine Partie, der die meisten Eroberungen vor sich liegen hat, wenn die dritte Sanduhr auftaucht und damit die Zeit der Partie abgelaufen ist.

Gefühlt passiert das immer zu schnell. Man kann eigentlich gar keine Streitmacht aufbauen, sondern muss immer schon vor der Zeit versuchen, Burgengewinn zu generieren. Das mag spielerisch seinen Reiz haben, thematisch ist es das nicht. Es gab sogar wiederholt Partien, in denen die dritte Sanduhr aufgedeckt wurde, ohne dass eine einzige Burg erobert wurde. Das ist unbefriedigend. So richtig steuerbar ist das alles nicht. Zu einem bestimmten Zeitpunkt, wenn vermutet wird, dass bald die Partie zu Ende ist, beginnt das Erobern. Einer fängt an. Der macht das aus einer Position der mittleren Stärke heraus und muss damit rechnen, dass seine gerade eroberten Burgen schon alsbald wieder übernommen werden, weil andere Spieler sich eine Runde länger haben aufrüsten können und wahrscheinlich die bessere Streitmacht haben. Aber auch das ist keine Garantie. Trotzdem verlaufen die Partien zumeist so oder sehr ähnlich. Zu Gute halten muss man, dass in den Folgepartien die Verteidigerkarten des Siegers aus dem Spiel sind und fünf neue vom programmierten Nachziehstapel hinzu kommen. Diese bringen einiges an Überraschung in den Ablauf, so dass zumindest beim ersten Durchspielen des kompletten Kartenstapels bis zum Schluss immer wieder etwas anderes geschieht. Aber auch hier ist zu beobachten, dass sich die Effekte kaum entfalten können, weil die Partien häufig zu schnell zu Ende sind. Das gilt schon in der Zweierversion und erst recht zu dritt oder viert. Ich hätte mir gewünscht, dass sich das Spielgeschehen mehr entwickeln kann.

Peter Neugebauer