Fairplay 131 – Rezension: Rumble Nation

El Grande in Japan?

Hier kommt etwas für Spiele-Hipster: RUMBLE NATION, ein schnelles Mehrheitenspiel aus Japan, das 2018 den „Grand Prize” des Game Market in Tokio gewonnen hat. Spannend. Was noch für das Spiel spricht: Optisch erinnert es an EL GRANDE, das 24 Jahre nach seiner Auszeichnung noch immer mein Lieblings-Spiel-des-Jahres ist.

Die erste Partie von RUMBLE NATION am Hobby-Japan-Stand in Essen hat dann auch zumindest insofern überzeugt, dass ich mir das Spiel zugelegt habe. Wenn auch erst am letzten Messetag, als noch etwas Geld übrig war. Aber wir hatten in unserer pragmatischen Test-Runde vor lauter Aufregung nicht einmal die ausliegenden Taktik-Karten genutzt. Die wollte ich dann doch zu Hause noch ausprobieren. Außerdem soll den Daheimgebliebenen ja auch immer etwas „Essen-Exklusives” präsentiert werden. Und wenn das Spiel irgendwann auf Deutsch herauskommen sollte, kann ich immerhin sagen: „Ist ja nicht schlecht, aber das japanische Original habe ich schon seit 2019.” Für solche Moment lebt der Hipster bekanntlich.

Aber worum geht es? Darum, der mächtigste Fürst Japans zur Sengoku-Zeit zu werden. Klingt lahm? Dann zitiere ich gerne einmal Wikipedia: „Die Sengoku-Zeit (jap. 戦国時代 sengoku-jidai, dt. Zeit der [gegeneinander] kriegführenden Lande) ist eines der bewegtesten Zeitalter in der japanischen Geschichte.” Soll heißen: Bürgerkrieg, und wir mittendrin. Kribbelt es jetzt?

Rumble Nation Szene

Der Spielfluss ist schnell erklärt: Es gilt, elf Burgen einzunehmen. Jeder Festung wird ein Chip im Wert von Zwei bis Zwölf zugeteilt, so viele Punkte ist die Burg wert, wenn man sie am Ende besitzt. Sind wir am Zug, werfen wir drei normale Würfel und kombinieren sie folgendermaßen: Zwei beliebige werden zusammenaddiert und geben an, welche Burg wir angreifen. Der dritte Würfel zeigt an, wie viele Einheiten wir dort einsetzen; eine (bei einem Würfelwert von Eins oder Zwei), zwei (Drei oder Vier) oder drei (Fünf oder Sechs). Dann ist auch schon die nächste Person dran. Da wir nur 18 Einheiten zur Verfügung haben, sind wir unter Umständen nur sechsmal in Aktion, bevor es zur Schlusswertung kommt. Allerdings hat man meistens um die zehn Züge, einmal darf man eine Taktik-Karte nutzen und Einheiten auf der Karte verschieben. Soweit, so gut, aber: Warum sollte man Einheiten auf die Zwei setzen, wenn die Zwölf sechsmal so viele Punkte einbringt?

Die Antwort auf diese Frage macht den ganzen Reiz dieses Spiels aus: Weil wir die Schlusswertung bei der Zwei beginnen und und dann hochzählen. Wer eine Burg gewinnt, erhält nicht nur die entsprechenden Punkte (der Zweitplatzierte bekommt jeweils die Hälfte), sondern darf auch zwei weiße Einheiten Verstärkung zu allen benachbarten Burgen schicken, in denen schon mindestens eine eigene Einheit steht.

Je nach Lage der Punktechips kann es entscheidend sein, die Zwei, Drei oder Vier zu gewinnen, da man dank der Verstärkungen, das Feld quasi von unten aufrollen kann – vorausgesetzt, man hat mindestens eine Einheit in den benachbarten Feldern stehen. Dieser Wertungs-Kniff macht RUMBLE NATION zu einer super spannenden Angelegenheit, die wir seit Oktober schon zwei Dutzend Mal gespielt haben. Bei einer Spielzeit von maximal einer halben Stunde ist das ja kein Problem.

Ist dieses Spiel denn wirklich nur etwas für Hipster? Auf keinen Fall! Für meinen Ältesten war RUMBLE NATION das erste „erwachsene” Mehrheitenspiel. EL GRANDE sehe ich ihn hingegen erst in zwei Jahren spielen. Und in meiner Spielegruppe ist RUMBLE NATION ein beliebtes Starterspiel geworden, weil ja doch immer irgendwer zwanzig Minuten zu spät kommt. Da haben die Wartenden das erste coole Spiel des Abends schon fast durch!

Hendrik Breuer

Yogi Shinichi (与儀新一): 天下鳴動 RUMBLE NATION für 2 – 4 Personen mit Illustration von Toru Kageyama und Yogi Shinichi (与儀新一) bei Hobby Japan 2019, Spieldauer 20 – 40 Minuten


Dieser Text erschien in der 131. Ausgabe des Fairplay Magazins. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 24 Euro im Jahr.