Fairplay 145 – Aufgewärmt: Hansa Teutonica

Andreas Steding: HANSA TEUTONICA: BIG BOX für 3 – 5 Personen ab 12 Jahren mit Illustration von Dennis Lohausen bei Pegasus Spiele 2020, Spieldauer 45 – 90 Minuten, Made in China

Buxtehude und Stade für mich!

Jetzt bin ich selbst für unsere Kategorie Aufgewärmt spät dran. Immerhin erschien die HANSA TEUTONICA: BIG BOX bereits 2020, elf Jahre nach dem Original, welches 2009 bei Argentum verlegt wurde. Zumindest habe ich jetzt alles in einer Schachtel: Hanse-Spielplan sowie die Pläne „Die östliche Hanse“ und „Britannia“, dazu noch einiges anderes Material, was sich in den vergangenen Jahren angesammelt hat.


Die Erweiterungspläne interessieren mich anfangs allerdings so gar nicht, denn immerhin kann ich bei HANSA TEUTONICA richtig gut Punkte einsammeln, wenn ich die Handelsroute zwischen Hamburg und Stade besetze und in den beiden Städten Niederlassungen gründe. Warum ich das so interessant finde? Ich bin halt in Hamburg aufgewachsen und zwar südlich der Elbe. Städte, die ich heutzutage schnell mit der S-Bahn erreichen kann, wie die Hansestädte Buxtehude und Stade und das einst unabhängige Harburg, schaffen es leider sehr selten in Spiele. Wenn die Heimatregion dann doch mal irgendwo auftaucht, wird sie auch genutzt!


Glücklicherweise müssen die Mitspielerinnen und Mitspieler häufiger nach Stade, wenn sie ihre Privilegien verbessern wollen. Sobald jemand dort auftaucht, bekomme ich Punkte. In Hamburg wird auch oft vorbeigeschaut, da es die einzige Verbindung nach Lübeck ist, wo die Geldbeutel gefüllt werden können. Ist doch schön, wenn man ohne groß über das Spiel nachzudenken, eine Strategie entdeckt, die stetig Punkte verschafft.

Meine erste Partie HANSA TEUTONICA habe ich auf diese Weise sogar gewonnen, was aber vor allem daran lag, dass niemand am Tisch (inklusive mir) das Spiel kannte und das Ende früher kam, als erwartet. Alle hatten vergessen, dass es einen Multiplikator-Effekt gibt, wenn Schlüssel freigeschaltet werden. In der zweiten Partie wurden dann auch viel bessere Ergebnisse erzielt.


Dass es in unserer Vielspieler-Gruppe so schnell zu einer zweiten Partie kam, spricht in Zeiten des „Cult of the New“ grundsätzlich für HANSA TEUTONICA, es konkurriert bei uns am Spieleabend nämlich durchaus mit brandneuen Kickstarter-Spielen.

Bild: Pegasus Spiele

Anders als viele dieser teuren Materialschlachten hat HANSA TEUTONICA aber sofort mechanisch überzeugt. Der Rhythmus des Spiels, wenn man es so sagen möchte, ist überragend. Die Züge gehen schnell von der Hand und es ist immer etwas los, weil man nicht bloß seine Marker setzt und andere blockiert, sondern auch Marker anderer verdrängen darf. Allerdings dürfen die Verdrängten dann anderswo mehr Marker einsetzen, als sie verloren haben. Ein wirklich interaktives Vergnügen entsteht, wie man es sonst eher von Spielen aus den Neunzigern kennt. Dass HANSA TEUTONICA allerdings durchaus brutal sein kann, erklärt vielleicht, warum es trotz eines fünften Platzes beim „Deutschen Spielepreis 2010“ etwas in Vergessenheit geraten ist. Mehrere Strategien können zum Sieg führen und einzelne Niederlassungen und freigeschaltete Schlüssel über Sieg und Niederlage entscheiden. HANSA TEUTONICA ist ein Spiel auf Messers Schneide, nicht unbedingt etwas, womit man stille Optimierer behelligen sollte.


Ich bin sehr froh, dass ich an die BIG BOX gekommen bin, denn das für meine Spielgruppe und mich neue Spiel HANSA TEUTONICA ist eines der Highlights der letzten Monate. Genug gepuzzelt, Arbeiterinnen eingesetzt und gemeinsam Wörter erraten, von jetzt an kämpft jede und jeder für sich, und wer sich in den heutigen Landkreisen Harburg und Stade ausbreiten will, bekommt es mit mir zu tun!

Hendrik Breuer

Dieser Text erschien in der 145. Ausgabe des Fairplay Magazins. Unterstützen Sie unsere Arbeit: Abonnieren Sie das gedruckte Magazin.