Fairplay 91 – Rezension: Jaipur

JAIPUR gewann 2010 unseren À la Carte Kartenspielpreis. Zeit zurückzublicken und nachzulesen, was Sarah Kestering in der Fairplay Nr.91 schrieb:

Ich liebe es zu handeln. Der Flohmarkt ist mein Jagdrevier. Kaffeebecher mit Prinzessin Diana drauf oder eine 34-teilige Kuhglockensammlung brauche ich nicht unbedingt, aber neben der Freude an diesen unsagbaren Schätzen ist es auch der Handel, der reizt.

Und was verspricht mir die Schachtelrückseite von JAIPUR da? Da ist irgendwie von Handeln, von Kaufen und Verkaufen die Rede. Und selbstverständlich von Kamelen, die in keinem gut ausgestatteten, orientalisch angehauchten Spiel fehlen dürfen. Hört sich ein bisschen nach JAMBO an. Die Ähnlichkeit zu JAMBO ist aber nur sehr, sehr viele 1000 KILOMETER entfernt vorhanden. JAIPUR ist einfacher, pur eben, wie der Name schon sagt. JAIPUR geht nämlich so: Wenn man dran ist, nimmt man Karten oder man legt Karten ab. Fertig.

Ein Sortiment bunt sortierter Waren- und Kamelkarten liegt als Auslage bereit. Nun heißt es Nehmen oder Ablegen. Bei der Option Nehmen haben wir gleich 3 Möglichkeiten. Wir nehmen alle ausliegenden Kamelkarten und legen sie vor uns auf einen Haufen, die Koppel. Alternativ können wir auch Warenkarten aus der Auslage gegen Handkarten oder Kamele von der Koppel tauschen. Die letze Möglichkeit ist das Aufnehmen einer einzelnen Karte. Wichtig ist es, das Handkartenlimit von 7 Karten zu beachten. Bei JAIPUR werden wir schnell zu Isnogud und mindestens gierig bis größenwahnsinnig. Dieses Handkartenlimit kann echt nerven. Da liegen dann Karten, die uns perfekt ins Konzept passen würden. Aber wir haben schon 7 Karten und diese mögen wir nicht eintauschen, weil uns diese ebenso perfekt ins Konzept passen. Also entweder oder – Entscheidung – Dilemma!

Sébastien Pauchon: JAIPUR für 2 Personen ab 12 Jahren mit Illustration von Vincent Dutrait und Alexandre Roche bei GameWorks SàRL 2009, Spieldauer 30 Minuten

Kamelkarten stellen ebenfalls eine Zwickmühle dar. Sie sind praktisch zum tauschen und bringen eventuell Punkte am Rundenende. Aber nehme ich fleißig eine ganze Herde an Kamelen aus der Auslage, wird diese ja vom Stapel aufgefüllt. Da können sich eventuell unendlich prächtige Möglichkeiten für den Mitspieler auftun. Unerfreulich.

Wir haben also Karten auf der Hand. An dieser Stelle sei verraten, dass es sich hierbei um Diamanten, Gold, Silber und andere Dinge des alltäglichen Bedarfs handelt. Jede Karte stellt exakt eine Ware dar.

Was nun? Verkaufen, ist doch logisch. Dazu müssen wir immer Sets mit gleichen Warenkarten abgeben. Praktischerweise sind schon 2 Karten ein Set. Sammeln wir aber 3, 4 oder gar 5 Karten, gibt es zusätzlich einen Bonus. Hier ist nun eine weitere der Zwickmühlen, die das Spiel so interessant machen. Zum einen wollen wir möglichst früh Sets ablegen. Für jede Karte gibt es nämlich ein Plättchen mit Punkten. Und je früher wir abgeben, desto höher die Punkte auf den Plättchen. Wer zu lange wartet, muss sich mit Restpostenalmosen oder im schlimmsten Fall mit gar nichts zufrieden geben. Für die Plättchen gilt nämlich die altbekannte Weisheit: wenn weg, dann weg. Andererseits sind bei einem Set von 5 Karten bis zu 10 Bonuspunkte drin, was bei einem Höchstwert von 7 Punkten auf den normalen Plättchen sicherlich nicht zu verachten ist.

Sind drei der insgesamt sechs Plättchenstapel aufgebraucht, endet die Runde. Es gibt zusätzlich Bonuspunkte für die größte Kamelsammlung. Der Punktbeste bekommt ein Exzellenz-Siegel. Doch noch ist nichts gewonnen und auch nichts verloren. Sehr sportlich, diese orientalischen Händler. Es muss schon 2:0 stehen, ehe der Sieger feststeht. Erst 2 der begehrten Siegel besiegeln für immer unsere Exzellenz. Dies ist dann ja nach 3 hartumkämpften Runden spätestens der Fall.

Von Handeln, Feilschen, Flohmarkt oder gar Basarstimmung ist rein gar nichts zu spüren. Handelsspiel – lachhaft! Was ich aber spüre ist ein Kribbeln, ein ungeduldiges Warten auf meinen nächsten Zug, ein Belauern des Mitspielers. Legt er ab? Legt er nicht ab? Lege ich ab? Ein sehr spannendes, schnell gespieltes und einfach zugängliches Zweipersonenspiel ohne dabei banal zu sein. Das Beste jedenfalls, das mir seit längerer Zeit auf den Spieltisch gekommen ist.

Sarah Kestering

Sébastien Pauchon: JAIPUR für 2 Personen ab 12 Jahren mit Illustration von Vincent Dutrait und Alexandre Roche bei GameWorks SàRL 2009, Spieldauer 30 Minuten