Fairplay 144 – Rezension: Sea Salt & Paper

Die Juror*innen verleihen SEA SALT & PAPER den À la carte Kartenspielpreis 2023 für das beste Kartenspiel des Jahrgangs. Mehr als Grund, die Rezension von Peter Neugebauer aus der Fairplay Ausgabe Nr.144 online zu veröffentlichen! Viel Spaß!

SEA SALT & PAPER ist ein Karten-Sammelspiel mit maritimem Thema. 58 Karten liegen als verdeckter Stapel in der Tischmitte, daneben gibt es rechts und links zwei offene Abwurfstapel. Wer am Zug ist, nimmt sich eine Karte von einem der Abwurfstapel oder zieht zwei vom verdeckten Talon und legt eine dieser Karten auf einen offenen Stapel. So sammelt jeder Kartenwerte auf seiner Hand. Sie werden mehr und mehr und sollten geschickt zu Sammlungen kombiniert werden.

Zunächst aber liegt der Blick auf Pärchen. Zwei Fische, Schiffe o.ä. können offen abgelegt werden. So eine Dublette zählt am Ende einen Punkt, erlaubt aber im Augenblick des Ausspielens einen Vorteil. Der Spieler bekommt beispielsweise außer der Reihe eine weitere Karte oder erhält einen Extrazug. Eine scharfe Waffe kann die Kombination „Schwimmer und Hai“ sein. Auch diese wird offen ausgelegt und erlaubt das Ziehen einer Karte aus einer Mitspielerhand. Gerade zum Ende einer Runde wird das im Regelfall unangenehm sein. Das zweite Augenmerk liegt auf Muscheln, Oktopussen, Pinguinen usw. Hier benötigt der Spieler mehrere, um sie am Rundenende als Serie in den Punktepool zu werfen. Manche Symbole kommen eher selten vor, da erzielen schon wenige dieser Karten interessante Punktausbeute. Bei den häufig vorkommenden Muscheln werden erst bei vielen Karten ordentlich Punkte vergeben. Vereinzelt gibt es zu den Symbolen noch Multiplikatoren, die recht wertvoll sind, falls entsprechende Karten gesammelt wurden. Wer früh so eine Karte auf die Hand bekommt, kann gezielt darauf hinspielen.

Schließlich tummeln sich noch vier Meerjungfrauen im Talon. Wer alle ergattert, gewinnt sofort das Komplettspiel, das üblicherweise über mehrere Runden verläuft. Bei uns ist das bisher nie vorgekommen. Ansonsten orientiert sich die Wertigkeit einer Meermaid an Karten gleicher Farbe. Im Spiel befinden sich elf unterschiedliche Farben, die bunt verteilt bei allen Symbolen vorkommen. Die häufigste Farbe in der eigenen Sammlung entspricht der Punktzahl dieser Fabelwesen.

Das Rundenende kann jeder jederzeit ausrufen, wenn einer wenigstens sieben Punkte zusammen hat. Das sind die Dubletten, die ausgelegt wurden und die Sammlungen auf der Hand sowie die Zähler für die Meerjungfern. Er sagt laut am Ende seines Zuges „Stopp!“, dann berechnet jeder sein Ergebnis. In mehreren, zumeist drei bis vier Runden, wird auf eine Zielzahl gespielt, die sich nach An- zahl der Teilnehmer staffelt.

Ein interessanter, neuartiger Spielclou ist nun, dass als Alternative zu „Stopp“ auch „Letzte Chance“ gerufen werden kann. Dann geht der Spieler eine Wette ein, dass er im Vergleich zu den anderen mehr Punkte gesammelt hat. Allerdings sind dann alle anderen noch einmal am Zug und können ihr Ergebnis verbessern. Vor allem darf noch angegriffen werden. Wenn dem mutigen Spieler dabei eine oder mehrere Karten aus der Hand gestohlen werden, kann ein gut erspieltes Ergebnis wieder empfindlich zusammenschrumpfen. Nichts war’s dann mit bestem Ergebnis! Bei so einem Verlust gibt es starke Punkteinbußen, bei einem Gewinn aber ordentlich Boni. Wer etwas spielerfahren ist, nutzt diese Option mit der letzten Chance eher selten, die Gefahr der Niederlage ist zu groß. Wer allerdings nach ein, zwei Runden punktemäßig hinten liegt, kann durch diesen Coup ordentlich aufholen, falls er denn ge-lingt. Das hat einen schönen Effekt.

Trotz verschiedener Zugriffe und Kartendefinitionen ist die Regel nicht kompliziert. Der Ablauf spielt sich schnell und flott. Der besondere Clou am Rundenende macht SS&P zu etwas Besonderem. Besonders ist auf jeden Fall die Grafik. Mit Origami-Figuren wird das maritime Ambiente ungewöhnlich eingefangen. Das ist mal etwas anderes. Mir gefällt es sehr. Und die Authentizität wird dadurch belegt, dass die Figuren nicht computergeneriert sind, sondern von Origami-Künstlern gefaltet wurden. Diese werden durch namentliche Auflistung in den Credits gewürdigt. Auch aus diesem Grund: Unbedingt ansehen und ausprobieren! (pen)

Bruno Cathala und Théo Rivière: SEA SALT & PAPER für 2 – 4 Personen ab 8 Jahren mit Illustration bzw. Origamigestaltung von Lucien Derainne und Pierre Yves Gallard bei MM-Spiele 2023, Spieldauer 30 – 45 Minuten, Made in Poland

Dieser Text erschien in der 144. Ausgabe des Fairplay Magazins. Unterstützen Sie unsere Arbeit: Abonnieren Sie das gedruckte Magazin oder bestellen Sie das einzelne Heft.