Fairplay 131 – Spielbericht: Etwas zu verbergen

Mord ist unser Hobby

Spielbericht von "Etwas zu verbergen" - Mord ist unser Hobby

ETWAS ZU VERBERGEN ist wie Krimi-Dinner für Fortgeschrittene und wagt das Unmögliche. An einem Abend erschaffen wir in diesem Erzählspiel gemeinsam einen Mordfall und lösen ihn dann auch. Erst am Ende, vielleicht nach einer überraschenden Wendung, wird klar sein, wer tatsächlich der/die Mörder*in ist. Es könnte jede*r sein. Zumindest hat jede*r ein dunkles Geheimnis.

Das Spiel erscheint als Heft im DIN-A5-Querformat in der Kleinen Reihe von System Matters. Anders als im englischen Original wird hier viel Wert auf Grafikdesign und Atmosphäre gelegt. Ungewohnt für uns Gesellschaftsspieler: Man benötigt noch Karteikarten und Stifte, weil das Heft nur die Regeln enthält.

ETWAS ZU VERBERGEN wird in drei Akten gespielt. In Akt I konstruieren wir einen Mord, wobei wir uns zuerst auf ein Setting einigen. Wir haben in Tecklenburg, einer Kleinstadt im nahen Teutoburger Wald, und in Münster im Jahr 1648 gespielt. Dann erschafft jede*r eine Figur, die er/sie gerne spielen möchte, dazu ein paar Details zum Mord(opfer) und die Schauplätze. Jeder Charakter bekommt noch ein Geheimnis, das (obgleich nicht Mord) besser nicht ans Tageslicht käme. Jetzt wird es knifflig, denn die Spieler*innen müssen zu ihren Charakteren je vier Hinweise aufschreiben, die zusammen ein schlüssiges Gesamtbild ergeben. Und zwar sowohl, wenn die Figur im Rückblick der/die Täter*in war, als auch wenn der Charakter nur aufgrund seines (harmlosen?) Geheimnisses gehandelt hätte. Alle diese Details kommen jeweils auf Karteikarten.

„Jedes Mal war das Ah und Oh groß, als der oder die Täterin gefasst wurde.“

Mit Akt II beginnt das eigentliche Erzählen. Die Spieler*innen erzählen, wie sie Orte auf Hinweise untersuchen, wie sie die anderen Charaktere befragen oder Beweise verschwinden lassen. Der/die aktive Spieler*in hat hier erzählerisch alle Freiheiten. Wenn gewünscht, können andere Charaktere zum Schauplatz gerufen werden. Unsere Agenda dabei ist, geheimnistuerische und schuldige Figuren zu spielen, die aber versuchen den Mordfall zu lösen. Sobald ein/eine Spieler*in für eine andere Figur genügend Hinweise zusammengetragen hat, beginnt Akt III, der darin gipfelt, dass früher oder später der/die wahre Täter*in gefunden wird.

Zweimal haben wir ETWAS ZU VERBERGEN bisher gespielt. Jedes Mal war das Ah und Oh groß, als der/die Täter*in gefasst wurde und alle dunklen Geheimnisse ans Licht kamen. In Tecklenburg war es die neue Hotelbesitzerin, die ihre (insgeheime) Halbschwester im Affekt erschoss. Und in Münster 1648 erstach ein verschuldeter Druckereibesitzer den niederländischen Abgeordneten angeblich aus Versehen.

Ohne Probleme war das Neuland Erzählspiel für uns aber nicht. Vor der ersten Partie dachten wir noch, dass das Schreiben der doppeldeutigen Hinweise besonders herausfordernd wäre. Das scheint uns inzwischen aber mehr eine Übungssache zu sein. Gehakt hat es jedoch an den Stellen, an denen wir uns als Brett- und Kartenspieler*innen auf dieses Experiment einlassen mussten. Erst im Nachgang ist uns für manche Situation eingefallen, wie wir die verschiedenen (Regel)anforderungen erzählerisch unter einen Hut bekommen hätten. Das schreiben wir aber unserer Unerfahrenheit zu. Zum anderen sind wir einfach andere Spielanleitungen gewohnt. Das Untersuchen von Orten mit seinen vier Fallunterscheidungen hat es uns besonders angetan. Zwar liegt dem Spiel schon ein Referenzbogen bei, aber wenn wir immer wieder mitten im Spiel diesen Bogen studierten, stockte das Spiel unangenehm. Aber auch hier sind wir zuversichtlich. Laut Jörg Hagenberg, einem der beiden Übersetzer*innen, hat man den (Referenz-)Bogen nach ein paar Partien raus.

Hellauf begeistert sind wir aber davon, wie man in Akt I einen Krimi glaubhaft zusammenbaut und mit wie wenig Regeln in Akt III typische Krimienden erzählt werden. Den Mittelteil schaffen wir mit der Zeit bestimmt auch noch, wenn Mord mal wieder unser Hobby ist. Wir freuen uns jedenfalls darauf, ob und für welches Erzählspiel wir erneut unsere Komfortzone verlassen werden. Spielen ohne Siegbedingung? Die ultimative Herausforderung…

Benjamin Bestier, Marcus Eibrink-Lunzenauer

Dieser Text erschien in der 131. Ausgabe des Fairplay Magazins. Unterstützen Sie unsere Arbeit und abonnieren Sie das gedruckte Magazin für nur 24 Euro im Jahr.


Allan Dotson: ETWAS ZU VERBERGEN für 3 bis 7 Personen mit Illustration/Gestaltung von Hannah Möllmann und Jörg Hagenberg bei System Matters 2020,  Spieldauer 90-180 Minuten