Editorial 122

Liebe Leserinnen und Leser,

Essen ist gerade vorbei; und jetzt steht Weihnachten vor der Tür. Nie war die Zeit dazwischen so knapp. Und deshalb ist diese Ausgabe auch spät dran. Vielleicht ist sie sogar erst nach Weihnachten bei Ihnen. Aber wir brauchen den Vorlauf und können zwei fehlende Wochen nicht einfach wegstecken. Mir hat die Messe irgendwie doch gefallen. Ich war ziemlich tiefenentspannt. So groß, so vielfältig, da brauchte ich mich erst gar nicht anzustrengen, alles zu sehen, überall herzulaufen. Ich hab‘ sogar ’nen richtig protzigen Stand gar nicht erst wahrgenommen. Wo war der noch? In Halle 1? Ach was, das war die komplette Halle 1, und ich bin einfach dran-, durch- und vorbeigelaufen. War das wirklich ein Stand, oder vielleicht waren das auch die Stände all der Verlage, die mittlerweile von Asmodee geschluckt worden sind?

Wir hatten wieder unsere heimische Ecke in der Halle 3, da tobte zeitweilig so dermaßen der Bär, dass ich an einigen Ständen gar nicht erst vorbei kam. Was soll’s, denn in gewisser Hinsicht kommt die Messe zu uns. Unsere Scouts schlagen sich durch, auch wenn der Weg aus Halle 8 schon sehr weit war. Da hinten hockten die Exoten und die jungen Hengste. Ich habe den Weg dorthin mal unternommen, dort war es so wie früher in Halle 8. Vor dem Umzug in die neuen großen Hallen war diese bereits die Halle der Newcomer und Exoten. Und ganz früher hatte auch die Death Row dort ihren Platz. Da waren Verlage, die ein einziges Mal und dann nie wieder auftauchten.

Und selbst die Spiele fanden den Weg zu unserem Stand, wenn auch manchmal erst nach Überwindung von Hindernissen. Aber wir nehmen doch jede Hürde. Da lobe ich mir die Pressearbeit der mittelgroßen Verlage. Sehr professionell und sehr freundlich. Mit den Spielen, die es auf unser Scout-Regal schafften, kann ich gut leben. Vor allem, weil es nicht so viele sind. Wer will schon Spielestapel groß wie eine Schrankwand mit nach Hause schleppen. Erstens braucht man dafür einen Kleinlaster, und zweitens muss man Angst haben, dass die eigenen Kinder von gestapelten Spielen erschlagen werden. Im Netz sind tatsächlich eine Menge solcher Beutebilder aufgetaucht. Klar, man ist stolz darauf, was man alles ergattert hat. Unsere Spiele konnte jeder schon während der Messe und auf Twitter sehen … oder zumindest immer die Tabelle mit den Scout-Spielen. Ob wir noch mehr Spiele brauchen? Um übers Jahr zu kommen, bestimmt. Aber für die nächste Zeit sind wir versorgt.

Die schiere Masse an Spielen führt in gewisser Weise auch dazu, dass die Spieletage zerfasern und in viele kleine Messen zerfallen. Das liegt zum einen an den nterschiedlichsten Interessen, aber vor allem an den Nationalitäten. Bin ich doch an einem Abend an einem Stand vorbei gekommen, an dem ein Haufen Leute gemütlich redend zusammen standen. Und was hören meine Ohren: Ausschließlich Französisch. Gut, ich war auf dem Weg zu einem Verlagstreffen, bei dem es Weißwürste gab und nur Deutsch gesprochen wurde. So zerfasert die Messe. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, was die Amerikaner so getrieben haben. Oder die Niederländer … Die hatten bestimmt auch ihre eigenen Meetings. Ob da die Organisatoren nicht mal reingrätschen sollten, um irgendwas Sprachübergreifendes auf die Beine zu stellen. Dann wäre die Messe tatsächlich international und nicht nur eine Ansammlung unterschiedlichster Nationalitäten. Wie wärs mal mit Platzkarten für die Tische bei der Verleihung des Deutschen Spielepreises? Einer von uns hat immerhin vorbildlich neben netten, internationalen Österreichern gesessen.

Achja: Auf der Eröffnungspressekonferenz wurde das innoSpiel gekürt. Zur Auswahl standen FABELSAFT, LYNGK und der Gewinner MAGIC MAZE. Tja, wieder nur ein Preis, der das abgelaufene Jahr repräsentiert. Und bei der Jury müssten einige Veränderungen erfolgen. Autoren, Redakteure und Verleger sollten doch nicht über die Werke von anderen Autoren, Redakteuren oder Verlegern entscheiden. Mal sehen, wie das innoSpiel im nächsten Jahr verliehen wird.

Das soll jetzt für dieses Jahr reichen. Bis Nürnberg schiebe ich dann eine ruhige Kugel. Nach der schönen und gelungenen Messe und der ganzen Arbeit mit diesem Heft kann ich mir das mal gönnen. Natürlich werde ich so wie Sie spielen, spielen, spielen…

Also: Falls es noch vor Weihnachten geklappt haben sollte: Frohe Weihnachten.

Und falls nicht: Ein gutes Neues Jahr … Wir sehen uns in alter Frische.

Hold On Harry