Unser Chef ist tot

Nicht, dass Herbert es jemals groß heraushängen ließ, aber für uns Fairplayer war er unser Chef. Er war es einfach. Noch in jeder Redaktionsdiskussion sorgte Herbert für Ausgleich, inhaltlich und menschlich. Jeder kam zu seinem Recht, jede Position wurde erwogen und für alle das Beste erreicht. Mit seiner Menschlichkeit und seinem spielerischen Sachverstand stand Herbert immer auf festem Grund, selbst an spielerischen Abgründen. Mit ihm zusammen umschifften wir so manche Klippe.

Souverän trennte Herbert die Spreu vom Weizen. Nur gute Spiele verdienen eine positive Rezension. Schlechte Spiele verdienen es ebenso, mit klaren Worten und guten Gründen sorgfältig zerlegt zu werden. Herbert konnte diese Art Rezensionen schreiben wie kein Zweiter. Auch kleine, feine Hammer haben an den richtigen Stellen ordentlich Kraft. Und wenn es ein grober Hammer sein musste, dann hat er auch grob gearbeitet, nicht ohne ironisches Augenzwinkern.

Ich würde Herbert als undogmatischen Spieler bezeichnen, der mit jeder Art religiöser Verehrung von Spielen nichts anfangen konnte. Spiele sind keine Heiligtümer. Ob Spiele ein Kulturgut sind, habe ich mit ihm nie klären können. Das war Herbert alles zu hoch aufgehängt. Spielen war für ihn Spaß und intellektuelle Herausforderung. Sieg oder Niederlage waren für Herbert trotzdem auch das Ergebnis von Glück, nicht von geistiger Überlegenheit.

Jedes Spiel bekam bei ihm eine Chance. Ganz besonders liebte Herbert Eisenbahn- und Rennspiele. Da war er mit besonderem Einsatz, aber nie mit Übereifer dabei, spielte souverän aus dem Bauch … und gewann natürlich. Naja … sehr oft. Herbert liebte die fluffigen, eleganten Spiele, die genügend Flow aus Thema und Mechanik erzeugten. Gleisbau, Eisenbahngesellschaften und deren Aktienkapital waren sein Metier, da spielte Herbert uns alle in Grund und Boden. Und trotzdem war immer eine menschliche Atmosphäre rund um den Spieltisch. Nie hat er nachgekartet oder Züge rückgängig machen wollen.

Für uns war Herbert richtungsweisend, ein verlässlicher wie menschlicher Ratgeber und immer ein Vorbild als Rezensent. Wir vermissen ihn. Sein Tod hat eine große Lücke in unsere Redaktion gerissen. Ich vermisse ihn ganz besonders als liebenswerten Mitspieler beim Montagsspielen.

Am 21.10.2016, nur vier Tage nach seinem 61. Geburtstag hat uns Herbert Heller nach langer Krankheit viel zu früh verlassen. Wir trauern mit seiner Familie um unseren guten Freund.

Unser alter Mitstreiter Udo Bartsch hat auf seinem Blog ebenfalls einen Nachruf verfasst.

4 Kommentare zu „Unser Chef ist tot“

  1. Ich möchte auch mein Beileid zum Tod eures Freundes zum Ausdruck bringen.
    Der lebendige und warmherzige Nachruf macht deutlich,wie groß euer Verlust sein muß.
    Lena W.

  2. Als ich in den 90er Jahren regelmäßiger Essenbesucher war, war für mich ein Besuch am Fairplaystand Pflicht. Ebenso Pflicht war es, dass ich immer Flensburger Bier mit hatte. Und so kam es, dass mindestens eine Flasche Bier lang gefachsimpelt wurde. Jedes Jahr, wenn Essen ist denke ich mit Wehmut an diese Zeit zurück. Herbert, ich hätte so gern nochmal mit dir eine Flasche Bier getrunken. Ich bin sehr traurig. Dein Flensburger Jung. Michael

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