Die Hexagames-Story

Meine zweite Höchstnote in besagter Umfrage vergab ich für die Rubrik „Hintergrundberichte“. Als absoluten Höhepunkt habe ich hier die Hexagames-Story empfunden.

Hexagames kannte ich bis dahin nur von den Spielen, und weil hier immer wieder einige gute im Programm gewesen waren, erschien mir der Verlag sympathisch. Damals war ich kein Messe- und Szenegänger; deshalb war ich völlig ahnungslos, was Verlagsführung und verantwortliche Personen bei Hexagames anging, und wenn FAIRPLAY schrieb, Jürgen Hagedorn sei mal wieder der bestangezogene Mann der Messe gewesen, hielt ich das für die üblichen Frotzeleien unter Kollegen. Bis Heft 24 (Sommer 1993):

Für diese relativ junge Branche der Warentermingeschäfte gab es bis Ende der 70er Jahre noch keine griffigen gesetzlichen Rahmen, aber 1979 hielt man bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft die Zeit für gekommen, dem dubiosen Treiben einen Riegel vorzuschieben. Hensley wird erst einmal außer Gefecht gesetzt und zieht für sieben Monate und einen Tag in die Justizvollzugsanstalt Preungesheim. Hier hat er Zeit genug, um über profitable Geschäfte nachzudenken. Bei seiner Entlassung befinden sich ein Buchmanuskript über Warentermingeschäfte und ein Brettspiel zum gleichen Thema in seinem Gepäck. LONG SHORT hieß es und Hensley war so überzeugt davon, dass er es unbedingt produzieren wollte. (…)

In dieser Zeit begegnen sich Hensley und Hagedorn. Der gerissene Geschäftsmann mit der produktionsreifen Spielidee und der kreative Werbemann entwickeln sich zu einem guten Team. Ursprünglich war mit der Produktion von LONG SHORT eine reine Werbegeschichte geplant, aber dieses Spiel entwickelte sich zu einem Hit, mit dem niemand gerechnet hatte. Hagedorn, der seinerseits nie einen rechten Draht zu Spielen hatte, kümmerte sich dabei um die Entwicklung, die Produktion und die Promotion, während Hensley die Finanzierung des Projektes übernahm.

Zwei Dinge waren es, die LONG SHORT letztendlich zum interessanten Objekt für die Bericht erstattenden Medien machten. Zum einen Hensleys Knaststory, mit der er bei jeder Gelegenheit kokettierte und die sich vorzüglich als Aufhänger für eine reißerische Story eignete. Zum anderen Hagedorns Idee, einen „spielerfreundlichen“ Spielplan zu entwerfen („Ich finde das doof, dass Spielpläne immer ein Oben und ein Unten haben – wer oben sitzt, sieht alles auf dem Kopf.“). Das Ergebnis war der sechseckige Spielplan von LONG SHORT.

So ganz neu war die Idee des symmetrischen Spielplans freilich nicht, aber Hagedorn verstand es, gerade diesen Punkt als originelle Novität ins Gespräch zu bringen. Und die Medien sprangen voll darauf an. Playboy („knisternde Wallstreet-Atmosphäre“) und Hamburger Abendblatt („Konkurrenz für Monopoly“) berichteten nur allzu gern über das neue Spiel auf dem Erwachsenenspielmarkt. (…)

Der ausführliche und beeindruckend gut recherchierte Bericht von Andreas Mutschke haute mich aus den Schuhen. Ich fand den Text dermaßen gelungen, dass ich selbst Nichtspieler in meinem Umfeld zwang, ihn zu lesen.

Klasse übrigens auch das Titelbild der damaligen Ausgabe: Covergaul Harry blickt sentimental in den Sonnenuntergang. Statt einer Sonne ist allerdings das sechseckige Hexagames-Logo zu sehen. Karten, Pöppel und Würfel bilden die Kulisse und werfen lange Schatten.

Es folgt Teil 8: Comic Review Team

2 Kommentare zu „Die Hexagames-Story“

  1. Hallo Chregi,
    als ich die Zurückgeblättert-Serie konzipiert habe, tat ich es mit der Intention, die 20 Jahre noch einmal für mich Revue passieren zu lassen. Als mögliche Interessenten stellte ich mir FAIRPLAY-Stammleser vor, denen das kurze Anreißen einer Geschichte genügt, um sich dann ebenfalls an die alten Zeiten zu erinnern oder es zum Anlass zu nehmen, ein altes Heft mal wieder hervorzukramen.
    An FAIRPLAY-Neuleser oder FAIRPLAY-Nichtleser habe ich zugegebenermaßen nicht gedacht. Und wer das alte Heft nicht hat, kann es natürlich auch nicht hervorkramen.
    Damit man zumindest einen Eindruck bekommt, worum es in dem Hexagames-Artikel geht, werde ich den Blogbeitrag nun abändern und einen inhaltsreicheren Ausschnitt aus dem Artikel zitieren.

    Schon mal als Vorwarnung: Der kommende Teil 9 („Der versteckte Witz“) ist ohne die Hefte ebenfalls unverständlich, und das lässt sich auch nicht ändern. Alle weiteren Teile sind dann aber selbsterklärend.

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