Alea

Von Ravensburg nach Heidelberg

Der Vertrieb der Alea Spiele, die neben dem Würfelsymbol auch das Ravensburger-Dreieck tragen, wechselt zum Heidelberger Spieleverlag. Diese Entscheidung kam für viele überraschend. Schließlich gilt der hauseigene Vertrieb der oberschwäbischen Ravensburger AG grundsätzlich als überaus schlagkräftig. Mit Stefan Brück als einem der renommiertesten Spieleredakteure leistet sich Ravensburger eine kleine, feine Spieleschmiede am Chiemsee. Die Marke Alea war von Ravensburger 1998 als ambitioniertes Projekt gestartet worden. Doch der ökonomische Erfolg dieser Unternehmung blieb aus.
Dass Alea als eine Art Non-Profit-Unternehmen keine Zukunft hat, war klar. Und so musste sich Ravensburger immer wieder des Verdachts erwehren, Alea am Liebsten schließen zu wollen.
Ein besonderer Schwachpunkt war immer der Vertrieb der Alea-Spiele. Die eigentliche Stärke des Ravensburger-Vertriebs, der mit festangestellten Handelsvertretern die Republik bereist, nützt Alea gar nichts. Eher im Gegenteil. Denn in der Masse der gut gehenden Ravensburger-Spiele gingen die Alea-Perlen regelmäßig unter.
Selbst wenn der Key-Account-Manager in Ravensburg direkten Zugriff auf die Regale von Kaufhäusern und Ladenketten hat, war Alea damit nicht geholfen. Denn die für Ravensburger gebuchten Regale sind mit einer bestimmten Anzahl an Spielen zu bestücken – und für Titel, die deutlich unter 5000 Exemplaren pro Jahr verkauft werden, ist da kein Platz. Sondern es gibt genug Spiele-Banalitäten, die es auf ein Vielfaches an Umsatz bringen. So verwundert es nicht, dass angeblich sogar mal vergessen worden war, die Alea-Spiele auf den Preislisten von Ravensburger zu notieren.
Für den Einzelhandel gibt es jedoch eine Alternative zu dem hauseigenen Vertrieb der großen Spieleverlage: sie wenden sich an den Großhandel. Insbesondere wenn ein kleiner Fachhändler keine Palette abnehmen will, sondern nur zwei oder drei Exemplare, ist dies der übliche Weg. Neben vielen Spielwarengroßhändlern gibt es mit dem Heidelberger Spieleverlag einen Großhandel, der sich auf Brett- und Kartenspiele beschränkt. Dort sind zurzeit 3400 Titel erhältlich – die Heidelberger sind damit der weltweit größte Spielegroßhändler. Zu diesen Titeln gehörten selbstverständlich auch die Alea-Spiele. Die beeindruckende Überraschung: Bei Heidelberger gingen mehr Alea-Titel über den Großhandelstisch als über den Ravensburger-Vertrieb. Da war es für die Oberschwaben nur konsequent, einen klaren Schnitt zu machen: Heidelberger kriegt den Vertrieb.
Ravensburg kann dabei nur gewinnen. Wenn die selbstbewusst auftretenden Heidelberger die verkaufte Auflage tatsächlich steigern können, ist dies für beiden Seiten ein klarer Erfolg. Und wenn es nicht klappt, hat Ravensburger die Verantwortung für den Flop sozusagen outgesourced.
Der Optimismus in Heidelberg gründet sich auf die engen Kontakte zum Handel und zur Szene. Gestartet war der Laden ursprünglich als Verlag – was der Name schon verrät – und hat später die Großhandlung hinzugefügt. Drei Dinge sind hier also unter einem Dach zu finden: Verlag, Vertrieb und Großhandel. Wobei die Grenzen zwischen Verlag und Vertrieb oft nicht klar zu erkennen sind. So verlegt und vertreibt Heidelberger jetzt beispielsweise eine deutsche Ausgabe des Zwei-Personen-Spiels MR. JACK, das beim schweizerischen Verlag Hurrican erschienen war. Heidelberger hat dafür in erster Linie die Spielanleitung mit seiner verlegerischen Kompetenz grundlegend bearbeitet. Ähnlich wie bei Huch & friends, das unter anderem die französischen Ystari-Spiele verlegt, finden sich jetzt zwei Verlagslogos auf dem Cover. Zusammen mit Pro Ludo und Huch & friends – die mit der Vertriebsfirma Hutter Trade eng verbunden sind – konkurrieren die Heidelberger sowohl um ausländische Verlage als auch um deutsche Kleinverleger. Heidelberg, das bislang einen Schwerpunkt in seiner Kooperation mit Fantasy Flight sah, agiert also in einer lebendigen Vertriebslandschaft, in der zurzeit viele neue Allianzen geschmiedet werden. Man darf gespannt sein, inwieweit der neue Vertrieb den Alea-Spielen hilft. Ergebnisse werden bald zu sehen sein. Denn Ravensburger wird seinem Partner kaum eine lange Anlaufzeit zugestehen. Entweder die bewährten Vertriebskompetenzen der Heidelberger helfen den Spielen vom Chiemsee, oder es steht demnächst nicht nur der Alea-Vertrieb auf dem Prüfstand.

aus der FAIRPLAY Nr. 81 (gekürzt)

2 Kommentare zu „Alea“

  1. Dass bei Heidelberger mehr Alea-Spiele über den Tisch gingen ist keine Überraschung. Jedenfalls, wenn meine Info stimmt, dass die Heidelberger einfach die Mengen in den Verpackungseinheiten erhöht haben.

  2. Hm… das kann nur dann stimmen wenn die Verpackungseinheit der Alea Spiele bei Ravensburger vorher ein halbes Spiel (oder weniger) war .. bei uns ist sie nämlich 1 und war das auch schon immer …

    Mit mathematisch verwirrten Grüssen

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